Schriftgestaltung: Schritt für Schritt zum eigenen Font – eine Anleitung zum Design eines Opentype Schriftschnitts / Schriftart selbst gestalten

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Schritt 1: Zeichnen der ersten Entwürfe

Ich empfehle, die ersten Entwürfe per Hand zu zeichnen.  Ich kenne es aus eigener Erfahrung noch dass man als unerfahrener Designer versucht ist, seine ersten Entwürfe im Rechner zu machen, bei mir kam noch hinzu, dass ich das Gefühl hatte, nicht wirklich gut zeichnen zu können.

Tatsache ist jedoch, dass man mit Stift und Papier deutlich schneller entwerfen kann, als mit dem Rechner.

Nicht dass man mich falsch versteht, in bestimmten Situationen kann es durchaus sinnvoll sein, mit dem Rechner zu entwerfen, gerade wenn man die Besonderheiten der digitalen Werkzeuge – mitunter zweckentfremdet – einsetzen möchte. Es entsteht bei diesem Vorgehen ein besonderer, eigener Stil. Als Beispiel sei hier die Grafische Sprache eines David Carson genannt. Für unsere Zwecke – Gestaltung einer Schrift – ist dieses Vorgehen aber nicht empfehlenswert.

Beim Zeichnen mit Stift und Papier bediene ich mich ein paar Tricks, die helfen, dass die Form nachher auch wie gewünscht aussieht. So versuche ich nicht, die Form in einem glatten, durchgehenden Strich zu zeichnen; vielmehr taste ich mich Stück für Stück an dir gewünschte Form heran, indem ich kurze wiederkehrende Striche an- und übereinander zeichne.

Ein weiterer Trick ist, die Zeichnung in einem großen Maßstab anzulegen, wird der Entwurf nachher verkleinert, verschwinden Unregelmäßigkeiten von alleine.

Die ersten Entwürfe können noch recht klein und unüberlegt sein. Es geht erst ein am darum, sich für einen Stil zu entscheiden: Soll die Schrift Serifen haben, ist ein eher nüchterner Stil gewünscht. Auch kann man ausprobieren, wie sich unterschiedliche x-Höhen auswirken. Die x-Höhe bezeichnet die Höhe der kleinen Kleinbuchstaben (n, o, r, s …). Sie wird auch Schulterhöhe genannt. In Sprachen mit vielen Wörtern, die am Wortanfang groß geschrieben werden – wie dies im Deutschen der Fall ist, macht eine geringe x-Höhe den Text lesbarer. In englischen Texten hingegen, wo nur am Satzanfang groß geschrieben wird, ist der Text besser lesbar, wenn die x-Höhe hoch ausfällt. Auch wirkt der Text an sich größer, wenn der Font eine hohe x-Höhe hat – häufig verbraucht der Text dann auch mehr Platz.

Ich möchte an diese Stelle nicht weiter auf die Feinheiten beim Entwerfen der Zeichen eingehen, da dies deutlich den Rahmen dieses Tutorials sprengen würde. Es gibt aber ein ausgezeichnetes Buch von Karen Cheng, die sehr detailliert und analytisch auf die Details, die beim Entwurf der einzelnen Zeichen zu beachten sind, eingeht. Dieses Buch versetzte mich als bisherigen totalen Laien, was Schriftdesign angeht, auf Anhieb in die Lage, sinnvolle Entscheidungen hinsichtlich meiner Entwürfe zu treffen.

Anatomie der Buchstaben. Basiswissen für Schriftgestalter. Designing Type. (Amazon-Affiliate-Link)

Den ersten Entwurf testen.

Glaubt man, ein paar Zeichen entworfen zu haben, die einem gefallen und die zueinander passen, kann es hilfreich sein, diese einzuspannen und in einem Vektorprogramm (z. B. Illustrator oder InkScape) nachzuzeichnen. Die so erstellten Zeichen kann man dann aneinander reihen und in kleiner Größe ausdrucken, um seinen Entwurf zu testen.

Detaillierte Entwürfe der einzelnen Glyphen

Ist man mit den Ergebnissen soweit zufrieden, geht es nun daran, seine einzelnen Glyphen zu zeichnen. Ich habe das A3 Format gewählt, damit ich die Entwürfe möglichst sauber hinbekomme, im allgemeinen sollte es aber auch genügen, die Vorzeichnungen auf DIN A4 Papier anzulegen.

Gemeinhin wird empfohlen zunächst nur die wichtigsten Zeichen zu zeichnen und diese dann zu vektorisieren. Aus den einzelnen Elementen lassen sich dann die restlichen Glyphen quasi zusammenbauen.

Da ich das Ziel habe, eine sehr organische Schrift zu entwerfen, mit wenigen Wiederholungen und einem lebendig-vibrierendem Erscheinungsbild, habe ich mich entschlossen, die Entwürfe komplett per Hand zu zeichnen und beim Vektorisieren möglichst wenig den Kurvenverlauf zu optimieren oder gar per Copy und Paste zu arbeiten.

Daher habe ich meine Entwürfe auch nicht per Handy-Kamera digitalisiert sondern ganz old-school-like eingescannt.

Vektorisieren der Entwürfe

Die nächsten Schritte hängen nun von den eigenen Vorlieben, der verwendeten Software und dem Geldbeutel ab.

Ich schreibe diesen Artikel aus der Sicht eines erfahrenen Grafik-Designers, der Erfahrungen im Arbeiten mit der Adobe Creative-Suite / Creative Cloud hat und diese auch besitzt.

Aus dieser Sicht gibt es zwei Wege, die ich hier kurz vorstellen möchte – natürlich gibt es noch mehr, aber die werde ich hier nicht beschreiben.

  1. Vektorisierung in Adobe Illustrator und Import in das Schrift-Programm
  2. Vektorisierung direkt im Schriftprogramm.

Da ich Illustrator besitze und keine Lust habe, mich in ein neues Zeichenprogramm einzuarbeiten, werde ich wahrscheinlich die Vektorisierung in Illustrator vornehmen. Man kann dies natürlich auch in der open source Software Inkscape machen.

Kleiner Überblick über die auf dem Markt verfügbare Software zur Schrifterstellung

Ich bin aber noch etwas unschlüssig, welche Software zum Generieren der Fonts ich verwenden werde. Folgende Optionen sind aktuell auf dem Markt verfügbar:

  • Fontographer – scheidet wegen der hohen Kosten aus, dazu soll der Funktionsumfang auch nicht so besonders gut sein
  • FontLab ist anscheinend (noch) der Platzhirsch, wenn es um professionelles Schriftdesign geht. Mit über 600 € Lizenzgebühren scheidet es für mich aber auch aus
  • Fontmaster ist anscheinend auch ein tolles Programm, das aber noch teurer ist und da ich das Schriftdesign nicht hauptberuflich mache, ist klar, dass ich Fontmaster nicht benutzen werde.
  • Typetool ist eine abgespeckte Version von Fontlab und bereits für unter 50 $ zu haben, das sieht schon mal nach einer Alternative aus.
  • Noch günstiger ist die opensource Software fontforge. Die läuft am besten unter Linux und auf dem mac, wenn man x11 installiert hat, unter Windows scheint fontforge nicht sehr stabil zu laufen. Das Programm an sich scheint alle Funktionen zu bieten, die auch Fontlab bietet, einzig der Umstand, Linux zu installieren darf einen nicht abschrecken. Wer es sich aber zutraut, solch eine komplexe Aufgabe, wie das erstellen eines Font anzugehen, dürfte eigentlich davor nicht zurückschrecken.
  • Seit ein paar Jahren gibt es zwei neue Schriftprogramme, das erste heißt Robofont, ist allerdings auch recht kostenintensiv, scheint aber sein Geld wert zu sein
  • Am interessantesten scheint mir jedoch das Programm Glyphs zu sein. Es scheint einen ganz neuen, benutzerfreundlichen Ansatz zu verfolgen. Das Spacing soll sehr intuitiv und mit guter Vorschau-Funktion zu funktionieren. Was mich aber vor allem begeistert ist, dass der Export der fertigen Fonts ziemlich leicht von der Hand gehen soll. Alle Settings für den Export werden zusammen mit der Projektdatei als Preset gespeichert und müssen nicht bei jedem Export neu (und eventuell falsch) eingegeben werden. Der Export läuft anscheinend mit nur einem Klick und die Änderungen an dem Font können direkt im Layout-Programm ,
    (InDesign) überprüft werden. Ein Workflow, den anscheinend keiner der Konkurrenten in vergleichbarer Form bietet. Dazu kommt ein humaner Preis von unter 300,- €.
  • Noch interessanter ist da für Einsteiger nur das Programm Glyphs mini, das – wie soll es anders sein – eine Light-Variante von Glyphs darstellt. In Glyphs Mini lassen sich zum Beispiel keine Multiple Master Fonts erstellen. Auch können die Schriften-Projekte nicht in dem Austausch-Format UFO gespeichert werden. UFO wird gerne von professionellen Schriftdesignern verwendet, um die verschiedenen Stärken der unterschiedlichen Font-Tools ausnutzen zu können. Da ich keine Multiple Master Fonts erstellen möchte und eh nicht über einen großen Fuhrpark an Fontsoftware verfüge, tendiere ich gerade dazu, die knapp 50,- € zu investieren. Glyphs mini gibt es allerdings nur für den Mac.
  • Update: Zufällig bin ich noch auf das Programm Type 3.2 von CR8 Software gestoßen, ein günstiger opentype fähiger Fonteditor mit moderner GUI für günstige 69,- €. Der Editor läuft auf Windows und Mac und es gibt eine kostenlose light Version. Ob der Funktionsumfang der Vollversion allerdings größer ist, als der von Glyphs mini ist mir noch nicht ganz klar. Gelobt wird der Autotracer mit interaktiver Vorschau auf das Ergebnis der Vektorisierung. CR8 bietet einen kostenlosen Tracer für Windows auf seiner Homepage zum Download an, der gibt aber nur einzelne Vektorfiles aus, die dann wieder aufwändig in einen Font importiert werden müssen. Wer es komfortabler haben möchte und professioneller Font-Designer ist, für den kann sich die Anschaffung von der Vollversion von Typo 3.2 allein für die Trace-Funktion lohnen.

Wie man sieht, ist die Auswahl an Editoren ziemlich groß, zum Glück habe ich noch etwas Zeit, eine Entscheidung zuntrefe, da ich ja eh nicht am Zeichnen bin und dann erst mal eingescannt werden muss.

Was man aber auch feststellen kann, ist, dass es sehr viele Tools mit bestimmten Funktionen gibt, die für den einen oder anderen Gestalter interessant sein können. Noch mehr als bei üblichem Grafikdesign bastelt sich der Typodesigner seine eigene Werkzeugkiste zusammen.

2 Gedanken zu „Schriftgestaltung: Schritt für Schritt zum eigenen Font – eine Anleitung zum Design eines Opentype Schriftschnitts / Schriftart selbst gestalten“

  1. Spannender Artikel. Ich bin gerade selbst am Anfang meiner ersten „professionellen“ Typoentwürfe. Mich würd interessieren wie es bei Dir weiter geht/ging. Welche Software hast Du nun verwendet? … Oder ist das Projekt doch eingeschlafen?

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    • Hallo namenlos. Danke für deine Nachricht. Momentan ist das Projekt eingeschlafen. Wenn es was neues gibt, melde ich mich, aber ich überlege momentan mir Glyphs zu kaufen, weil es einfach das beste auf dem momentanen Markt sein soll und dazu extrem günstig ist.

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